Richtig scharf: Fokussieren mit deiner Kamera einfach erklärt

Richtig fokussieren - Anleitung
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Ärgerst du dich über Fotos, bei denen deine Kamera auf die falsche Stelle scharfgestellt hat? In diesem Artikel lernst du, wie dir das nie wieder passiert.

Damit deine Fotos scharf werden, ist der richtige Fokus entscheidend. Dazu gehört eine ganze Menge, was erstmal furchtbar kompliziert klingt: Fokuspunkte, Autofokus, AF-S & AF-C, Fokus-Messfelder, … aber keine Angst, wir gucken uns das Schritt für Schritt an. 🙂

Wie fokussiere ich mit meiner Kamera?

Für ein scharfes Foto musst du auf den richtigen Punkt fokussieren. So weit, so gut!

Wenn du den Auslöser deiner Kamera halb durchdrückst, wird ein bestimmter Bereich im Bild scharfgestellt. Viele Kameras piepsen dabei auch kurz. Das ist der Autofokus in Aktion.

Im Automatikmodus (nicht zu verwechseln mit dem Autofokus!) entscheidet die Kamera für dich, auf was sie fokussiert. Viele aktuelle Modelle verfügen beispielsweise über eine Gesichtserkennung. Das kann funktionieren – geht aber auch gerne mal in die Hose.

Verrutschter Autofokus - Fotografie-Tutorial
Verrutschter Autofokus: anstelle von Nala ist der Zaun scharf

Wie bringst du deine Kamera also dazu, auf den von dir gewünschten Punkt scharf zu stellen? – Hier spielen verschiedene Komponenten zusammen, die wir uns nacheinander angucken:

  • Schärfeebenen
  • Autofokus vs. manueller Fokus
  • Fokuspunkt & Messfelder
  • Fokusmodus

Schärfeebenen & die Sache mit der Blende

Stell dir vor, dein Motiv besteht aus vielen verschiedenen „Scheibchen“ für Vorder-, Mittel- und Hintergrund. Das sind die verschiedenen Ebenen, die alle einen unterschiedlichen Abstand zu deinem Objektiv haben.

Bei einer offenen Blende – also einer möglichst kleinen Blendenzahl wie etwa f/2.8 – ist der Schärfebereich sehr klein. Dann wird nur der Bereich bzw. die Ebene scharf abgebildet, auf die du fokussiert hast. Bei Portraits ist dieses sogenannte Bokeh ein beliebter Effekt für elegante Bilder: dabei ist die Person selber klar zu erkennen, der Hintergrund verschwimmt hingegen in Unschärfe.

Mit einer höheren Blendenzahl wie f/11 nimmt die Schärfentiefe zu. Dann wird nicht nur dein anvisiertes Objekt scharf, sondern auch dessen Vorder- und Hintergrund.

Was bedeutet das in der Praxis für dich? – Wenn du möchtest, dass nur ein ganz bestimmter Bereich in deinem Foto scharf sein soll, dann fotografierst du mit Offenblende und fokussierst auf genau diesen Bereich.

Pflanzenportrait mit Offenblende: Zwiebelblüte
Blende f/2.8 lässt nur die Zwiebelblüte scharf werden. Am Rand verschwimmt selbst diese schon, der Hintergrund ist komplett unscharf

Soll hingegen das ganze Bild scharf sein (bspw. bei einer Landschaft mit Bäumen im Vordergrund, Häusern dahinter und Bergen am Horizont), wählst du eine kleinere Blende.

Blick auf Veere
Blende f/11: sowohl die Blätter im Vordergrund, als auch die Häuser sind scharf

Okay.

Bevor du gleich die verschiedenen Einstellungen für den Autofokus kennenlernst, lass uns noch kurz über das Thema Autofokus vs. manueller Fokus sprechen.

Autofokus vs. manueller Fokus

Ganz grundsätzlich gibt es zwei Methoden zum Fokussieren:

  • Autofokus (AF)
  • Manueller Fokus (MF)

An manchen Objektiven kannst du von AF auf MF umschalten, ansonsten geht das auch in den Einstellungen deiner Kamera. Dazu kommen wir später.

Manuellen Fokus oder Autofokus am Objektiv einstellen
Umschalten von Autofokus (AF) auf manuellen Fokus (M) am Objektiv

Der manuelle Fokus

Beim manuellen Fokussieren guckst du durch den Sucher bzw. auf dein Display und drehst so lange am Fokusring des Objektivs, bis dein Bild an der gewünschten Stelle scharf ist. Das ist quasi die „ursprüngliche Art“ zu fokussieren – der Autofokus wurde erst in den späten 1970ern erfunden.

Sofern du keine Adleraugen hast, wirst du dich dabei allerdings öfters mal vertun. Dann stellst du später beim Betrachten der Fotos am großen Monitor enttäuscht fest, dass der Fokuspunkt halt doch leicht daneben lag und du dein Bild in die Tonne kloppen kannst.

Bei sich bewegenden Motiven, wie etwa rennenden Kindern, kommst du mit dem manuellen Fokussieren zudem kaum hinterher.

Der Autofokus

Es gibt ja so ein paar Dinge, die einem das Leben gehörig leichter machen. Der Autofokus ist eines davon.

Er sorgt dafür, dass du nur den Fokuspunkt auswählen musst. Die Kamera stellt dann automatisch darauf scharf. Was für ein Luxus!

Der Autofokus ist meist deutlich schneller und auch genauer als das manuelle Fokussieren.

In den allermeisten Fällen wirst du daher mit dem Autofokus arbeiten.

Wann du besser manuell fokussierst

Grundsätzlich bin ich ein großer Freund des Autofokus. Es gibt allerdings einige Ausnahmesituationen, in denen der Autofokus nicht oder nicht gut funktioniert.

Damit der Autofokus funktioniert, braucht er etwas Licht und Kontrast. Hat er das nicht, pumpt und rödelt er oft endlos vor sich hin. Das merkst du daran, dass die Kamera partout nicht scharfstellt und du nicht auslösen kannst.

Beispielsweise passiert das, wenn du in der Dämmerung fotografierst oder bei Nebel.

Nebel im Wald - Taunus
Bei Dämmerung und Nebel tut sich der Autofokus oft schwer

Schwierig wird es auch, wenn du durch einen Zaun oder eine Scheibe (vor allem wenn sie spiegelt oder nicht ganz sauber ist) hindurch fotografierst, etwa im Zoo.

In solchen Situationen nimmst du dann tatsächlich besser den manuellen Fokus.

Auch wenn du ein altes Objektiv verwendest oder eines von einem Fremdhersteller mit einem einfachen Adapter verbindest, funktioniert der Autofokus grundsätzlich nicht.
Das habe ich beispielsweise, wenn ich meine Canon-Objektive an der Sony A7 III verwende – ich nutze da einen preiswerten Adapter, mit dem die Kamera das Objektiv nicht steuern kann. Da muss ich dann halt manuell scharfstellen.

Auf den Punkt gebracht: der Fokuspunkt

Egal ob Autofokus oder manuelles Fokussieren: der Fokuspunkt bzw. Schärfepunkt ist der Punkt im Bild, auf den die Kamera scharfgestellt wurde. Wie du auf dem Foto der Zwiebelblüte gerade gesehen hast, verschwimmen die übrigen Bereiche je nach Blendenöffnung mehr oder weniger stark in Unschärfe.

Unsere neugierigen Hühnermädels standen hier für einige weitere Beispiele Modell. 🙂

Auf dem folgenden Bild ist das Gesicht der schwarzen Bertha ganz scharf abgebildet. Dafür habe ich den Fokuspunkt der Kamera auf Berthas Auge gesetzt. Hilde im Vordergrund ist kaum zu erkennen. Der Flügel der grauen Eule ist noch einigermaßen scharf, da er sich ungefähr auf der gleichen Schärfeebene befindet wie Berthas Kopf. Er hat also den gleichen Abstand zum Objektiv. Eules Gesicht hingegen liegt weiter hinten und ist daher schon unscharf.

Fokuspunkt setzen beim Fotografieren

So sieht es aus, wenn ich stattdessen auf Hilde fokussiere:

Fokuspunkt setzen beim Fotografieren

Hier ist jetzt nur der Vordergrund scharf, die Hühner im Hintergrund sind kaum zu erkennen.

Tipp: Bei Menschen und Tieren wirkt ein Bild dann scharf, wenn die Augen scharf sind. Daher solltest du bei Portraits immer auf die Augen fokussieren.

Als nächstes gucken wir uns an, wie genau du denn auf einen bestimmten Bereich fokussierst.

AF-Fokusfelder

In welchem Bereich deine Kamera scharfstellt, legst du über das Fokusfeld (auch bekannt als Messfeld oder AF-Feld) fest. Je nach Kamerahersteller und Modell gibt es verschiedene Arten mit leicht unterschiedlichen Bezeichnungen. Auch die Anzahl der Messfelder variiert.

Grundsätzlich weist du deiner Kamera einen bestimmten Bildbereich zu, in dem der Autofokus scharfstellen soll.

Bei den meisten Kameras verschiebst du den Fokusbereich mit dem Joystick oder Einstellrad an die gewünschte Stelle. Bei einigen Modellen kannst du auch direkt mit dem Finger über das Touchdisplay fokussieren.

Automatische Fokusfeldwahl

Bei der automatischen Fokusfeldwahl entscheidet die Kamera für dich, auf welchen Bereich sie fokussiert. Wenn du beim gleichen Motiv den Auslöser mehrmals halb durchdrückst, wird sie dir oft von Mal zu Mal verschiedene Fokuspunkte vorschlagen. In der Regel nimmt sie dafür die Motivbereiche, die am nächstgelegenen sind. Je nach Kamera und Einstellung werden zudem Gesichter bevorzugt.

Diesen Modus nutze ich fast nie, weil mir das viel zu wenig Kontrolle über mein Bild gibt.

Fokussierbereiche / Zonen

Anstelle der gesamten Bildfläche unterteilt sich dein Bild in verschiedene Zonen, beispielsweise in die drei Fokussierbereiche links, Mitte und rechts. Auch feinere Abstufungen sind möglich, bei denen etwa neun Messfelder zusammengefasst werden.

Damit bist du relativ flexibel und kannst deinen Fokusbereich schnell verschieben – praktisch, wenn du beispielsweise spielende Hunde fotografierst. Nichtsdestotrotz kannst du den Fokuspunkt hierbei nicht exakt steuern und hast eventuell Pech, dass er verrutscht.

AF-Messfeldwahl in Zone einstellen bei der Canon 90D
AF-Messfeldwahl in Zone bei der Canon 90D

Mittelfokus

Eine Alternative dazu ist „Fokusfeld Mitte“ – hier wird immer auf das Objekt in der Bildmitte scharfgestellt. Damit kannst du also superschnell fokussieren, indem du die Kamera einfach entsprechend ausrichtest. Dummerweise ist es in Sachen Bildaufbau herzlich langweilig, wenn sich Objekte genau in der Mitte befinden. Da musst du also später in der Bearbeitung nochmal ran und den Bildausschnitt verändern.

Einzelfeld-AF & Spot-AF

Am meisten Kontrolle hast du mit der Einstellung Einzelfeld-AF bzw. Flexible Spot. Hier kannst du deinen Fokuspunkt in Form eines kleinen „Kästchens“ an die gewünschte Stelle verschieben.

Dieses Kästchen kannst du meist in verschiedenen Größen einstellen. Bei Sony hast du beispielsweise die Wahl zwischen Flexible Spot S, M oder L (ich nehme meistens M). Je kleiner dein Fokusbereich ist, desto exakter bestimmst du den Fokuspunkt – desto weiter musst du ihn aber auch über das Motiv verschieben, was mitunter nervig sein kann und Zeit kostet.

Meine Canon 90D unterscheidet sogar noch zwischen Einzelfeld- und Spot-AF. Letzterer ist hierbei noch exakter, aber auch frimschiger in der Handhabung.

Einzelfeld-AF einstellen bei der Canon 90D
Einzelfeld-AF bei der Canon 90D

Was ist der Fokusmodus?

Okay – jetzt kennst du den Unterschied zwischen manuellem Fokus und Autofokus und kannst auch die richtige Einstellung für das Fokusfeld vornehmen. Aber Autofokus ist nicht gleich Autofokus! Da gibt’s nämlich auch noch unterschiedliche Arten für unterschiedliche Situationen.

Dabei gibt es keinen besseren oder schlechteren Fokusmodus. Je nach Einsatzzweck haben sie alle ihre Berechtigung. Beim Fotografieren wirst du also auch immer mal den Fokusmodus umstellen wollen – etwa je nachdem, ob du herumtollende Tiere fotografierst oder eine unbewegte Landschaft.

Abhängig davon, von welchem Hersteller deine Kamera stammt, heißen auch diese Einstellungen immer ein bisschen anders. Das Prinzip ist aber das gleiche.

Fokusmodus einstellen an der Sony A7 III
Fokusmodus einstellen an der Sony A7 III

Einzelbild-Autofokus (AF-S / One Shot / Single Servo)

Während du den Auslöser halb herunterdrückst, stellt die Kamera auf einen bestimmten Punkt scharf. Und genau diesen Punkt behält sie bei, bis du entweder auslöst oder den Knopf wieder loslässt.

Mit dieser Einstellung fotografierst du unbewegte Motive, beispielsweise Landschaften oder Gebäude.

Nachführ-Autofokus (AF-C / AI Servo / Continuous Servo)

Bei dieser Einstellung fokussiert die Kamera wieder auf einen bestimmten Punkt – aber wenn der sich bewegt, justiert die Kamera die Schärfe immer wieder nach. Wie praktisch ist das denn! 🙂

Wenn du beispielsweise auf das Gesicht eines Radfahrers fokussierst, der auf dich zukommt, dann bleibt das scharf, solange du den Auslöser halb durchgedrückt hältst. Damit kannst du das Objekt verfolgen und im perfekten Moment fotografieren.

Manche Kameras setzen hier noch eins oben drauf – meine Sony A7 III beispielsweise hat einen Augen-Autofokus. Das heißt, sie verfolgt die Augen von Menschen und sogar Tieren automatisch und stellt immer darauf scharf. Ich liebe dieses Feature!

Automatischer Autofokus (AF-A / Auto-Servo)

Hier analysiert deine Kamera das Motiv und erkennt, ob es sich bewegt oder nicht. Je nachdem wählt sie dann den Einzelbild- oder Nachführ-Autofokus.

Das klingt erstmal praktisch, weil du dich nicht selber darum kümmern musst. Aber wie immer gilt: die Automatik kann auch danebenliegen und in dem Falle ist es gut, wenn du den Fokusmodus auch selber steuern kannst.

Manuellfokus (MF)

Um manuell zu fokussieren, kannst du an manchen Objektiven direkt einen kleinen Schalter betätigen. Wenn dein Objektiv diese Funktion nicht anbietet, stellst du in der Kamera selber auf manuellen Fokus um.

Tipp: Um den Fokusmodus schnell wechseln zu können, lege ich mir diese Funktion immer gern auf eine der Custom Function-Knöpfe der Kamera.

Und dann war da noch… der Back Button-Fokus

Der Vollständigkeit halber erwähne ich diese Möglichkeit hier kurz: du kannst das Fokussieren bei etlichen Kameras auch vom Auslöser-Knopf entkoppeln. Stattdessen nutzt du zum Scharfstellen dann den Knopf AF-On, der sich hinten an der Kamera befindet (daher „Back Button“).

Das bringt diverse Vorteile mit sich, würde an dieser Stelle aber zu weit führen.

Fazit

Du siehst, das Fokussieren ist eine komplexe Angelegenheit. Aber auch wenn der Artikel an der ein oder anderen Stelle ganz schön viel Theorie erklärt – am besten probierst du die verschiedenen Einstellungen einfach mal aus. Schneller als gedacht werden sie dir in Fleisch und Blut übergehen und du musst nicht mehr jedesmal nachschlagen, was denn nun gerade die optimale Einstellung ist.